WEG-Verwalter – er muss sich um die Schadensbeseitigung kümmern
Der WEG-Verwalter hat die Pflicht, Hinweisen auf Schäden oder Mängeln am Gemeinschaftseigentum nachzugehen und den Eigentümern dann die Optionen aufzuzeigen, diese zu beseitigen.
Sanierung in Etappen anstelle von einer Gesamtmaßnahme
Ein Beispiel: Von der ehemaligen Verwalterin verlangen die Wohnungseigentümer Schadensersatz aufgrund unzureichender Sanierungsmaßnahmen. In den 1960er Jahren wurde die Wohnanlage mit 334 Wohnungen errichtet. Insgesamt gibt es vier Wohngebäude, die an der Fassade Balkone aus auskragenden Betonplatten mit Brüstungen aus Stahl mit Betonumwehrung.
Wohnungseigentümer wiesen in 2020 die Verwaltung auf Schäden an den Balkonen hin. Die Hausverwaltung beauftragte daraufhin einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zum Zustand der Balkone und einer Sanierung die eventuell vorzunehmen ist. Es ist strittig ob und mit welchen Empfehlungen zu der Zeit das schriftliche Gutachten erstellt wurde.
Eine Eigentümerversammlung im Jahr 2001 protokollierte, dass es ausreiche, eine einfache Betonsanierung mit Epoxidharz vorzunehmen. Das Thema Balkonsanierung war bis 2009 kein Team in den Eigentümerversammlungen. Die Verwalterin ließ zwischen 2001 und 2010 aufgrund von Schadensmeldungen an einzelnen Balkonen Sanierungsarbeiten im Wert von insgesamt 200.000 Euro durchführen. Ein Eigentümer informierte im Jahr 2004 die Verwaltung darüber, dass von mehreren Balkonen Betonbrocken heruntergefallen waren. 2011 erfolgte die Abberufung der Verwaltung.
Nun verlangen die Wohnungseigentümer von der ehemaligen Verwaltung Schadensersatz in Höhe von 219.000 Euro. Die Begründung dafür: Die Verwaltung hätte bereits 2001 erkennen müssen und die WEG darüber informieren müssen, dass eine Gesamtsanierung der Balkone erforderlich gewesen wäre. Die nun anstehende Gesamtsanierung sei nun deutlich teurer als im Jahr 2001.
Die Klage wurde von Amts- und Landgericht abgewiesen, da die Verwaltung nicht gegen die Pflichten des Verwaltungsvertrages verstoßen habe. Denn die Wohneigentümergemeinschaft hatte hinsichtlich des Zustandes der Balkone denselben Kenntnisstand wie die Verwaltung. In erster Linie sei es die Sache der Eigentümer über die Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden. Der als Zeuge benannte Mitarbeiter des Sachverständigenbüros, der das Gutachten in 2001 verfasst haben soll, wurde nicht vernommen.
Der Verwalter muss sich um Mängel kümmern
Vom BGH wurde das Urteil des Landgerichts aufgehoben und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Vom Landgericht ist der Zeuge – der benannte Mitarbeiter des Sachverständigenbüros – zu hören, um so aufzuklären, welche Empfehlung in 2001 gegeben wurde.
Sofern sich herausstellen sollte, dass eine umfassende Balkonsanierung vom Sachverständigen empfohlen wurde, kann der Verwaltung ein Verstoß gegen die Verwalterpflichten vorgeworfen werden. Der Grund: Weder Gutachten noch Sanierungsempfehlung wurden der WEG vorgelegt.
Sollte im Lauf der Jahre die WEG-Verwaltung die Schadensmeldungen an den Balkonen nicht weitergegeben worden sein, dann kann es sich um einen Pflichtverstoß handeln. Doch selbst wenn die Eigentümer eine sachverständige Empfehlung für eine Gesamtsanierung nicht nachweisen können und die Verwaltung alle Schadensmeldungen weitergegeben hat, kommt für die Verwaltung eine Haftung in Betracht. Begründet wird dies mit dem FAkt, dass die Verwaltung aus Umfang und Häufigkeit der Schäden hätte darauf schließen müssen, dass eine tiefergehende Schadensursache vorliegt. In dem Fall hätte die Verwaltung die Eigentümer informieren, und eine Beschlussfassung für eine nähere Untersuchung der Schadensursache vorbereiten müssen.
Verneint werden kann eine Haftung der Verwaltung nicht mit der Begründung werden, dass diese keinen Wissensvorsprung gegenüber der WEG gehabt habe und aus diesem Grund nicht verpflichtet war, tätig zu werden. Der Grund ist, dass selbst wenn die Wohnungseigentümer den baulichen Zustand der Anlage kennen und entsprechende Maßnahmen treffen könnten und müssten, so obliegt es der Verwaltung, die Eigentümer über die Mängel und der weiteren Vorgehensweise zu informieren. Ganz allein die Verwaltung hat die Pflicht, zu überprüfen ob Mängel vorliegen und wie diese zu beseitigen sind – nicht die Wohnungseigentümer. Die WEG darf sich darauf verlassen, dass von der Verwaltung die Prüfung übernommen wird, diese die WEG informiert und eine sachgerechte Beschlussfassung vorbereitet.
(BGH, Beschluss v. 21.11.2019, V ZR 101/19)
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